Essen. Sie kamen als Geflüchtete nach Deutschland – jetzt werden sie als Facharbeiter in der Windenergiebranche arbeiten. Seit März 2018 nahmen zwölf geflüchtete junge Männer aus Syrien und dem Iran in Essen am Projekt „Empower Refugees“ teil. Elf Teilnehmer konnten alle Hürden nehmen und erhielten heute ihre Abschlusszeugnisse als Industrieelektriker Betriebstechnik (IHK) in der Windenergie.
Das von der Kraftwerksschule e. V. (KWS) und Partnern aus der Windindustrie durchgeführte Programm gliederte sich in drei Stufen. Über die gesamte Dauer von rund zwei Jahren wurden die Teilnehmer sozialpädagogisch begleitet. Von März bis August 2018 erhielten die Teilnehmer das grundsätzliche Rüstzeug, um in und an Windkraftanlagen arbeiten zu können. Zwei der wesentlichen Bestandteile waren ein fünfwöchiges Praktikum in den Partnerunternehmen sowie die notwendigen Sicherheitstrainings.
Der anschließende rund viermonatige Deutsch-Kurs wurde durch die BAMF-zugelassenen Sprachschulen der Neuen Arbeit Diakonie Essen und der Weststadtakademie Essen durchgeführt. Nach erfolgreicher Deutschprüfung begannen alle zwölf Teilnehmer im Dezember 2018 die 16-monatige Umschulung zum Industrieelektriker Betriebstechnik. Das Besondere an diesem Programm: Bereits zum Start hatten die beteiligten Unternehmen Einstellungsgarantien für alle erfolgreichen Absolventen ausgesprochen. Der direkte Einstieg in das Arbeitsleben in Deutschland war also von Anfang an sicher.
In einer Videobotschaft beglückwünschte NRW-Wirtschaftsminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart die erfolgreichen Absolventen. Er betonte, dass sie in nicht ganz einfachen Zeiten ihren Weg erfolgreich gegangen seien und jetzt einen chancenreichen Beruf ergreifen könnten. Gerade die Windenergie werde in NRW und in Deutschland einen ganz wesentlichen Beitrag dazu leisten, die Energiewende zu schaffen und die Klimaschutzziele zu erreichen. Dazu benötige man bestqualifizierte Fachkräfte wie diese Absolventen, die jetzt nach ihrem attraktiven Berufsabschluss richtig loslegen könnten, so der Minister, der abschließend zu dieser tollen Leistung gratulierte und den Männern und ihren Familien einen guten Lebensweg wünschte.
Essens Oberbürgermeister, Thomas Kufen, ließ es sich nicht nehmen, den sichtlich stolzen Absolventen persönlich die Zeugnisse zu überreichen. In Anwesenheit von Vertretern des JobCenters Essen, der Regionalagentur MEO sowie der EnergieAgentur.NRW gratulierte der OB zur erfolgreichen Teilnahme und begrüßte das Engagement der KWS ausdrücklich: „Das Ausbildungsprojekt ‚Empower Refugees‘ ist eine tolle Erfolgsgeschichte. Ich freue mich sehr, dass wir diese Geschichte erzählen können. Nach einer 16-monatigen Umschulung können die Absolventen nun ihr Zeugnis als Industrieelektriker Betriebstechnik (IHK) in der Windenergie in Empfang nehmen und starten damit in ihre berufliche Zukunft. Außerdem konnten für diese Branche Nachwuchskräfte gewonnen werden, die einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass erneuerbare Energien gewonnen werden. Gleichzeitig gehen von diesem Projekt zwei wichtige Signale aus: In Aus- und Weiterbildung zu investieren heißt, in die Zukunft zu investieren und der Zugang zum Arbeitsmarkt ist der wesentliche Schlüssel für eine gute Integration und gesellschaftliche Teilhabe.“
Gerade der Beginn des Projekts und die Rahmenbedingungen der Prüfung waren wohl die größten Herausforderungen, erinnert sich Christian Jaffke, Projektleiter in der KWS. Zu Beginn mussten alle beteiligten Institute und Unternehmen so koordiniert werden, dass aus einer Idee ein schlüssiges Konzept wurde. Er bedankte sich bei allen Projektbeteiligten und betonte die wichtige Rolle des JobCenters Essen. Rückblickend würden die vielen kleinen und größeren Hindernisse aber fast schon wie Tagesgeschäft wirken. Im März, mitten in der „heißen“ Phase der praktischen Prüfungsvorbereitung, sorgte Corona für eine fünfwöchige Schulschließung. Direkt anschließend gab es eine weitere Hiobsbotschaft. Die beauftragte Ausbildungswerkstatt war insolvent, eine gute Prüfungsvorbereitung rückte in noch weitere Ferne. Es blieb nur ein Ausweg, die Aula der KWS wurde zu einer Ausbildungswerkstatt umgebaut. „Wer weiß, vielleicht machen wir das in Zukunft immer so“, schmunzelte Christian Jaffke, „hat ja ganz gut geklappt.“
Ernst-Michael Züfle, Geschäftsführer der KWS, freute sich über den hart erarbeiteten Erfolg und sprach von einem besonderen Ereignis. Besonders wichtig war ihm, dass auch der zwölfte Teilnehmer in einem halben Jahr die Prüfung vor der IHK Essen nachholen kann. „Da die zweite Umschulung bereits seit Februar in der KWS läuft, geben wir dem Teilnehmer gerne die notwendige Hilfestellung. Diesen Kursen sollen weitere folgen. Damit leistet die KWS einen nachhaltigen Beitrag zur gelungenen Integration von Geflüchteten und zur Bereitstellung von Fachpersonal in der Zukunftsbranche Windenergie“.
Warum der EnergieAgentur.NRW dieses Projekt besonders am Herzen lag, erläuterte ihr Geschäftsführer Dr. Frank-Michael Baumann: „Die EnergieAgentur.NRW unterstützt die nordrhein-westfälische Landesregierung bei ihrem Ziel, einen nachhaltigen und akzeptanzgesicherten Windenergieausbau zu gewährleisten. Die mehr als 3.700 Windenergieanlagen in NRW und fast 30.000 Windräder in Deutschland müssen regelmäßig gewartet werden. Es fehlt aber an gut ausgebildeten Fachkräften in der Elektrotechnik, die bereit und fähig sind, in schwindelerregenden Höhen zu arbeiten. Diese Männer kamen als Geflüchtete nach Deutschland und sie sind nach einem zweijährigen erfolgreichen Pilotprojekt heute gefragte Fachkräfte im Bereich Servicetechnik Windenergie. Wir brauchen mehr solcher engagierten Menschen und Projekte wie `Empower Refugees`, um die Energiewende voranzubringen.“
Bodo Kalveram, einer der Wegbereiter des Projekts und heute Leiter der Regionalagentur MEO, war über den Erfolg ebenfalls sehr erfreut: „Dieses Essener Projekt steht beispielhaft für eine erfolgreiche Zusammenarbeit der unterschiedlichen Akteure. Und dieses Projekt „elektrisiert“ im wahrsten Sinne des Wortes, auch um die interkommunalen Kooperationen der Städte Mülheim, Oberhausen und Essen für Arbeitsmarktprojekte zu intensivieren. Hier gibt es nur Gewinner!“
Stellvertretend für die Teilnehmer berichteten Klassensprecher Abdulbaset Alhmidi und Hossein Mowludi von ihren Erfahrungen während der Weiterbildungsmaßnahme. Für die Zukunft stellten sie das Wohl ihrer Familien in den Mittelpunkt, wollten endlich dauerhaft eigenes Geld verdienen und denken schon über die nächsten Karriereschritte nach.
Weitere Informationen, Videomaterial und Fotos der heutigen PK ab 26.6., 15 Uhr, unter folgendem Link: http://nextcloud.kraftwerksschule.de/index.php/s/qqm63TjbfaQMcmn
Kontakt für Medienanfragen:
Christian Jaffke; Team Erneuerbare Energien; Kraftwerksschule e. V.
Deilbachtal 199; 45257 Essen
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Uwe H. Burghardt M. A.
Kommunikation, Pressesprecher Innovationen und Netzwerke
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