Foto: EnergieAgentur.NRW, Frank Wiedemeier
Herr Dr. Seipp, die Besucherzahl an der heutigen Veranstaltung spiegelt ein überdurchschnittlich hohes Interesse am Thema „Innovative Stromspeicherlösungen für NRW“ wider. Batteriespeicher gewinnen zunehmend an Attraktivität. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Insgesamt lässt sich momentan ein relativ hohes Interesse für den Einsatz von Erneuerbaren Energien und für die Notwendigkeit der CO²-Einsparung feststellen. Es gibt mehr Anwendungsfelder, in denen die verschiedenen Speichertechnologien zum Einsatz kommen. Gerade auch das Zusammenspiel von Photovoltaik und Stromspeicherung ermöglicht zudem eine günstigere Stromerzeugung. Nicht zuletzt die Tatsache, dass zunehmend große Player sich dem Thema Energiespeicherung widmen, hat zu einem hohen Interessenszuwachs geführt.
Wo sehen Sie die Hürden der aktuellen Energierechtregulierung?
Die größte Hürde liegt in der Benachteiligung der Speicher im Netz. Stromspeicher sind nach wie vor von einer Doppelbelastung mit Steuern und Abgaben betroffen, auf der anderen Seite fallen die Regelleistungspreise auf dem Primärregelmarkt weiter. Auch stellen wir uns die Frage, wieso die Aufteilung eines Speichers auf mehrere Betreiber, beispielsweise mehrere Häuser innerhalb eines Quartiers, immer noch nicht möglich ist? Unter der heutigen Gesetzgebung müssen Besitzer und Betreiber eines Speichers ein und dieselbe Person sein. Technisch sinnvoller wäre es jedoch, einen großen Speicher beispielsweise an die Photovoltaik-Anlage dreier Häuser zu koppeln. Denn bei einer höheren Kapazität von 50 Prozent entsteht gerade mal ein Kostenanstieg von 10 Prozent. So viel Strom kann jedoch von einem einzigen Haushalt gar nicht genutzt werden. Regulatorisch macht das heute leider immer noch wenig Sinn. Flexible Strompreise für den Endkunden würden einen hohen Anreiz für Speicher darstellen. Flexibilität muss bepreist werden. Das Smart Metering war schon ein Schritt in die richtige Richtung, jetzt muss der Weg jedoch noch zu Ende gegangen werden. Wir haben den Eindruck, dass der politische Wille vom Prinzip her vorhanden ist.
Sie haben versucht, die regulatorischen Hürden zu überwinden, indem Sie spezielle Anwendungsgebiete identifiziert haben. Welche sind das?
Wir wollen, dass unser Kunde Geld verdient mit der Speicherlösung. Bislang sind das noch Nischen mit einfacher Regulatorik und geringer Amortisationszeit. Im Gewerbe- und im Industriesegment geht es momentan primär um Peak-Shaving-Anwendungen, also die kurzfristige und schnelle Reduzierung des Stromverbrauchs, um Lastspitzen zu vermeiden. Hier ist vor allem der Behind-the-Meter-Bereich interessant, also eine Installation eines Speichers „hinter dem Stromzähler“. Denn dabei können die Nutzer Anschlusskosten und Netzentgelte einsparen. Generell stellt auch die Installation von Schnellladesäulen einen interessanten Anwendermarkt im Gewerbesegment dar. Eine Schnellladesäule mit einer Leistung von 150 kW kostet – je nachdem wo sie steht - in etwa 18.000 Euro an Leistungspreis im Jahr. Da ist der Einsatz eines unterstützenden Speichers schon interessant. Für Endkunden ist vor allem die Erhöhung des Eigenverbrauchs durch die Elektromobilität interessant, da sich die Bezugskosten durch einen Speicher unter Umständen deutlich optimieren lassen.
Sie sprachen bei unserem vorherigen Besuch von verschiedenen Projekten, die bald zum Abschluss kommen. Können Sie uns die anstehenden Projekte genauer erläutern?
Wir werden in Kürze einige Batterien von 100 bis 400 kWh realisieren, in denen verschiedene Anwendungsfälle mit dem Speicher abgedeckt werden. Ein Industriekunde möchte beispielsweise seinen Eigenverbrauch der Photovoltaikanlage und des Blockheizkraftwerks erhöhen und gleichzeitig den Leistungsbedarf einer Schnellladesäule reduzieren. In einem zweiten Anwendungsbeispiel wird die Batterie Regelleistung für das Stromnetz bereitstellen und gleichzeitig E-Ladesäulen unterstützen.
Wie sieht die Konkurrenzsituation zu anderen Speicher- und Flexibilitätstechnologien aus? Ergänzen sich die verschiedenen Speichertypen Ihrer Meinung nach oder ersetzen sie sich?
Ganz klar, sie ergänzen sich! Es gibt nicht die eine technologische Lösung für alle Anwendungen. Jede Technologie hat ihre Stärken beziehungsweise ihren bestimmten Anwendungsfall.
Jennifer Ziller M. A.
Themengebiet Netze, Speicher
EnergieAgentur.NRW
0211 86642283
0151 - 62454611
ziller@energieagentur.nrw
Twitter
Sie erreichen die EnergieAgentur.NRW außerdem werktags von 8 bis 18 Uhr über die Hotline unter 0211 - 8371930.