Foto: DEPV
Wo man geht und steht, scheint man aktuell nur auf Krisen und schlechte Stimmung zu treffen. Blasen Sie bei den Holzpellets gerade auch schwer Trübsal?
Glücklicherweise nicht. Die Rahmenbedingungen für das Heizen mit Holzpellets sind in Deutschland gerade ideal. Die „Raus aus dem Öl“-Politik der Bundesregierung, die sich im neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG), der CO2-Abgabe für fossile Brennstoffe und einem attraktiven Förderangebot von bis zu 45 Prozent beim Ölkesseltausch manifestiert hat, verleiht der Pelletbranche aktuell Rückenwind. Auch hat die öffentliche Klimadiskussion einen Wandel im Bewusstsein der Menschen ausgelöst. Die Themen Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Regionalität haben einen höheren Stellenwert erlangt und zu einem Aufbruch bei den Erneuerbaren Energien geführt.
Der Absatz von Pelletkesseln hat im endenden Jahr ein Plus von fast 170 Prozent zu verzeichnen. Woran liegt das? Ist das ein allgemeiner Trend beim Heizen mit Regenerativen oder eine Pellet-Besonderheit? Und spielt die Corona-Pandemie in diesem Zusammenhang eine Rolle?
Aktuell erleben wir allesamt eine verrückte Zeit, die – trotz Corona-Pandemie – im Wärmemarkt von einer enormen Dynamik geprägt ist. Die aktuelle Förderpolitik erweist sich als echter Konjunkturmotor. Diese Entwicklung spiegelt sich im gesamten Bereich der modernen Holzenergie wider, wobei Holzpellets das größte Wachstum erleben. Der Komfort beim Wechsel von einer Öl- auf eine Pelletheizung bleibt annähernd gleich, weshalb die modernen Presslinge besonders häufig als neuer Energieträger beim Ölkesseltausch gewählt werden. Aber auch Scheitholz-, Hackschnitzel- oder Kombi-Kessel können ein deutliches Wachstum verzeichnen.
Dazu kommt, dass Verbraucher in Krisenzeiten lieber in das eigene Heim investieren, weil sie hier ihr Geld sicher angelegt sehen. Langfristige Investitionen in die eigene Immobilie, die dazu noch Kosten sparen, werden denen in Fernreisen oder Autos oftmals vorgezogen.
Wie bewerten Sie die positiven Zahlen – ist das ein zeitlich begrenztes Phänomen, ein Moment, den man im DEPV schnell noch genießen sollte, bevor er wieder vorbei ist? Oder deutet sich hier eine generelle, große Trendwende in deutschen Heizungskellern an?
Die Klimapolitik, verbunden mit einer geplanten Dekarbonisierung, ist als Trendthema bei den Menschen angekommen und verstanden worden. Private Hausbesitzer genauso wie Kommunen, Gewerbe und Industrie stehen allesamt vor der Aufgabe, für ihre Wärmeversorgung neue Strukturen und Alternativen aufzubauen, die zukunftsweisend, effizient und CO2-neutral sind. Die finanzielle Belastung fossiler Brennstoffe und auch die langfristig angelegte neue Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) werden dieses Interesse ab 2021 noch weiter befeuern.
Auf diese Entwicklung arbeitet die Branche seit Jahren hin. Initiativen wie die Aktion Holz+Pellets, unter deren Dach sich bereits mehr als 100 mittelständische Betriebe zusammengefunden haben, tragen ihren Teil dazu bei. Durch unabhängige Initialberatung, Informationsmaterialien sowie -veranstaltungen unterstützen sie die Branche dabei, das Vertrauen in die klimaneutrale Heizalternative zu stärken und eine positive Marktentwicklung zu unterstützen.
Wie sieht es mit der Versorgungssicherheit aus – reichen die Erzeugerkapazitäten in Deutschland, um den absehbar steigenden Pelletbedarf zu decken? Und was bedeutet die steigende Nachfrage für die absehbare Preisentwicklung?
Pellets werden aus den im Sägewerk anfallenden Nebenprodukten wie Sägemehl und Hobelspänen hergestellt. Die deutschen Sägewerke verarbeiten jährlich mehr als 40 Millionen Kubikmeter Rundholz zu Bau- und Möbelholz, das zu 98 Prozent aus heimischen Wäldern stammt. Für Pellets wird kein Baum gefällt. Da wir eine boomende Bauindustrie haben, wird das Material, aus dem die Pellets entstehen, nicht ausgehen. Weltweit sind wir in Deutschland bei der Pelletproduktion die Nummer drei, hinter den USA und Kanada. Da die hergestellten Mengen weit über dem Bedarf des heimischen Markts liegen, wird der Überschuss an Pellets seit Jahren exportiert. Wir sind bei der Versorgung also auf der sicheren Seite.
Das Marktmonitoring von Kesselabsatz und Pelletproduktion, letzteres vom DEPV etabliert, trägt weiter zur Versorgungssicherheit bei. Die Pelletproduzenten haben sich auf die steigende Nachfrage eingestellt. Die diesjährige Produktionsmenge zeigt einen Rekord von 3 Millionen Tonnen.
Der Pelletpreis zeigt sich seit Jahren konstant und verlässlich. Er lag im Verlauf der vergangenen 10 Jahre rund 30 Prozent unter dem Preis fossiler Brennstoffe und ist trotz steigender Nachfrage gleichbleibend.
Verschärfte Effizienzanforderungen, verschärfte Emissionsanforderungen, erhöhte Anforderungen an Messtechnik und Pufferspeicherpflicht – können die Änderungen der technischen Mindestanforderungen aus dem neuen Förderprogramm (BEG) die positive Entwicklung wieder ausbremsen?
Die im DEPV organisierten Kesselhersteller werden von den Änderungen nicht maßgeblich beeinträchtigt. Ob neue Anforderungen als Innovationsbeschleuniger wirken und ein zusätzlicher Anreiz sind, durch Weiterentwicklung der Produkte die Effizienz zu steigern und Emissionen weiter zu senken, wird man sehen. Den Verbraucher werden die neuen Vorgaben kaum tangieren. Deswegen rechnen wir nicht damit, dass die neuen technischen Mindestanforderungen die positive Marktentwicklung ausbremsen werden. Eher im Gegenteil: Die überarbeitete BEG sehen wir vielmehr als positives Zeichen der Bundesregierung. Mit einer Laufzeit bis Ende 2030 ist die Richtlinie langfristig gedacht und setzt damit ein klares Zeichen für eine Zukunft mit Erneuerbaren Energien im Wärmesektor.
Ein Blick über den Tellerrand: Ist die positive Entwicklung ein „nationaler Alleingang“ oder können vergleichbare Trends auch im anderen europäischen Ausland beobachtet werden? Was heißt das für die Exportaussichten der Kessel- und Pellethersteller?
Die positive Entwicklung ist prinzipiell nicht nur deutschlandweit, sondern international zu beobachten. Frankreich beispielsweise fördert den Heizungstausch gestaffelt nach Einkommen mit bis zu 100 Prozent für einkommensschwache Haushalte und verzeichnet schon die letzten drei Jahre ein deutliches Wachstum. Ebenso gibt es in Italien und auch Österreich attraktive Förderprogramme.
Allerdings bleibt abzuwarten, welche Folgen die Corona-Pandemie auf die europäischen Partnerländer Italien, Spanien und Frankreich haben wird.
Da, wie vorher beschrieben, auch Pellets als Sackware beispielsweise nach Italien exportiert werden, profitiert auch der deutsche Markt von der internationalen Gesamtentwicklung – und noch viel wichtiger: auch unser Klima.
Dr. Joachim Frielingsdorf
Leiter Kommunikation und Pressesprecher
Leiter Wissensmanagement
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