Foto: EnergieAgentur.NRW
Der ehemalige Platz um die St.-Bonifatius-Kirche in Gelsenkirchen-Erle ist kaum wiederzuerkennen: Bäcker Christian Zipper hat hier ordentlich investiert und eine moderne Bäckereifiliale mit Café und Außengastronomie geschaffen. Es ist bereits seine siebte Bäckereifiliale, der Flachbau in Gelsenkirchen-Erle ist nun die modernste Außenstelle. Diese sticht nicht nur im Design, sondern vor allem in Bezug auf das regenerative und technisch anspruchsvolle Energiemanagement heraus, welches von innogy und der Siegburger Firma Kraftwerk Solutions GmbH nach einer Initialberatung der EnergieAgentur.NRW umgesetzt wurde.
Eine Anlage mit Pilotcharakter
Die ganzheitliche Anlage besteht aus drei Komponenten: Einem Kraftdach, einer speziellen Photovoltaik-Anlage, welche das gesamte Flachdach ausfüllt und thermische sowie elektrische Energie aus der Sonneneinstrahlung generiert, einer Wasserwärmepumpe und eines Eisspeichers.
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Mit diesem Energiekonzept wird ein echter Meilenstein gesetzt. Zwar wird das Modell Photovoltaik-Anlage und Eisspeicher bereits in größeren Dimensionen, beispielsweise bei Wohnungsbaugesellschaften, angewendet – doch für kleinere Unternehmen ist dies eine Neuheit. „Dass auch eine Bäckereifiliale sich mit diesem System für die nächsten 20-30 Jahre zukunftsorientiert aufstellt, verdient echten Respekt“, lobt Arnold Berens von Kraftwerk Solutions GmbH den Unternehmergeist von Christian Zipper.
Funktionsweise der Wärmegewinnung: Heizen mit Eis
Die Kombination aus Kraftdach und Eisspeicher ist eine sehr innovative Lösung um einerseits eigene regenerative Energie zu nutzen und um andererseits langfristig Energiekosten zu sparen. So nutzt der Eisspeicher die sogenannte Kristallisationswärme: Kristallisationsenergie wird frei, wenn Wasser seinen Aggregatzustand von flüssig nach fest verändert und zu Eis gefriert. Beim Gefrieren von Wasser wird eine ordentliche Menge Energie freigesetzt: 10 Kubikmeter gefrorenes Eis haben ungefähr die gleiche Energie wie 100 Liter Heizöl.
Die in dem System eingebundene Wasserwärmepumpe entzieht dem Eisspeicher also seine Energie und lässt dadurch das Wasser gefrieren. Sie wandelt die Energie im Eisspeicher in Wärmeenergie um. Dieser Vorgang erfolgt über den Entzugswärmetauscher. Das Besondere an einem Eisspeicher ist, dass er durch mehrere Umweltenergiequellen wie der Solaranlage, der Erdwärme oder auch beispielsweise warmen Regen immer wieder neu aufgewärmt wird. Dieses Erwärmen erfolgt über den Regenerationswärmetauscher. Durch das Schmelzen des Eises wird dem Wasser wiederum Energie zugeführt, welche von der Wärmepumpe wieder aufgenommen und in Heizenergie umgewandelt wird.
Das umweltfreundliche System erlaubt also nicht nur das Heizen im Winter, sondern auch die Kühlung der Bäckerei im Sommer. Über das Heizungssystem (in diesem Fall die Fußbodenheizung) wird nun kaltes Wasser aus dem Eisspeicher gepumpt. Dadurch kann das Gebäude angenehm heruntergekühlt werden. Gerade in einer Bäckerei mit ihren vielen Wärmequellen, wie dem Ofen, heizt sich die Luft im Innern besonders auf. Folglich hofft Christian Zipper auf die kühlende Wirkung der Fußbodenheizung: „Wenn es uns jetzt im Sommer gelingt, das Ladenlokal herunter zu kühlen, ist das eine tolle Sache und eine große Erleichterung für die Kunden“, betont Zipper.
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Eine andere Möglichkeit besteht darin, den gewonnenen Strom im Eisspeicher zwischenzulagern und diesen für den Kühlungs- oder Heizungsbedarf zu speichern. Die Regelung der Wärme erfolgt durch ein intelligentes Energiequellenmanagement, welches je nach Verfügbarkeit und Wirtschaftlichkeit automatisch entscheidet, ob geheizt, gespeichert oder gekühlt werden muss. So kann sich die Wärmepumpe aus dem Eisspeicher bedienen, wenn beispielsweise keine Solarenergie durch die PV-Anlage geliefert wird. Durch das Energiequellenmanagement ist es auch möglich, die Anlage je nach Jahreszeit aus der Ferne ein wenig nach zu regeln.
Investitionskosten amortisieren sich mittelfristig
Mit der energieeffizienten Anlage stellt sich Christian Zipper für die Zukunft auf: Die Betreiber der Anlage erwarten, dass sich das höhere Investment durch die niedrigen Betriebskosten nach etwa sieben bis neun Jahren amortisieren wird. Dies hängt jedoch stark vom Wärme- und Kühlbedarf des Bäckereibetriebs ab. Die Anlage mit all ihren Komponenten wurde von dem Unternehmen Kraftwerk Solutions geplant und installiert. Das Unternehmen innogy verpachtet diese wiederum für 18 Jahre als Gesamtkonzept an die Bäckerei Zipper. „Ohne ein Contracting wären diese Investitionen nicht finanzierbar gewesen“, räumt Zipper ein. Durch das Contracting-Modell musste der Unternehmer die Investitionskosten nicht sofort aufbringen und ist des Weiteren zukünftig nicht von Schwankungen auf dem Energiemarkt betroffen sondern kann auf fixe Kosten setzen.
Die Investitionskosten in Bezug auf den Eisspeicher wurden durch ein Förderprogramm des Landes NRW mit 25 Prozent bezuschusst. Carl-Georg von Buquoy, von der EnergieAgentur.NRW, betont: „Es gibt viel Potenzial im Bereich Photovoltaik und Speicher. Deswegen sollten Nutzerinnen und Nutzer sowie Unternehmer dazu ermutigt werden, die Förderungen in diesem Bereich in Anspruch zu nehmen.“
Herr Carl-Georg von Buquoy
Themengebietsleiter Photovoltaik
EnergieAgentur.NRW
Telefon: 0211 86642249
buquoy@energieagentur.nrw
Frau Lara Blankenberg
Kommunikation
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