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Bei Windenergievorhaben kommt es vor Ort immer wieder zu Konflikten. Warum?
Diese Frage treibt viele Kommunen und Unternehmen der Erneuerbare-Energien-Branche um. Umfragen zeigen hohe Zustimmungswerte für die Energiewende und auch für die Windenergie. Dennoch machen viele Kommunalplaner und Projektierer die Erfahrung, dass sie vor Ort auf teils lautstarken Protest stoßen. Zum einen liegt dies daran, dass sich die Kritiker oft stärker äußern als diejenigen, die den Ausbau der Windenergie in ihrem Ort befürworten oder zumindest akzeptieren. Zum anderen liegen in einigen Fällen tatsächlich lokale Gründe beispielsweise beim Thema Artenschutz vor, die gegen das Projekt sprechen. Oft geht es jedoch mehr um die Verfahrensweise: Wenn die Planungen als intransparent und unfair empfunden werden, schließen sich auch die Personen dem Protest an, die die Windenergie generell befürworten. Studien zeigen, dass die Art und Weise, wie der Planungsprozess wahrgenommen wird, sowie die empfundene Gerechtigkeit der Gewinnverteilung sogar einen Einfluss darauf haben, ob die Anlagen später als störend wahrgenommen werden. Neben der Beteiligung der Menschen an der Wertschöpfung ist es also wichtig, die Windenergieanlagen im Dialog mit den Bürgern zu planen.
Wie kann ein fairer Planungsprozess aussehen?
Ein fairer Planungsprozess zeichnet sich dadurch aus, dass die Menschen vor Ort informiert und eingebunden werden. Es gibt zwar keine Blaupause für eine erfolgreiche Bürgerbeteiligung, da die Angebote auf den jeweiligen Kontext zugeschnitten werden müssen. Dennoch sollten einige grundlegende Empfehlungen und Kriterien beachtet werden: Unter anderem sollte der Dialog so früh wie möglich initiiert und die Äußerungen der Menschen ernst genommen werden. Zudem sollte der Prozess so transparent wie möglich sein. Um das Verfahren an die lokalen Verhältnisse anzupassen, sollte im Vorhinein das Konfliktpotenzial ermittelt und die Bedürfnisse der Anspruchsgruppen analysiert werden. Zu einem professionellen Beteiligungsverfahren gehören zudem ein Mandat von Gemeinderat oder Unternehmensführung sowie klare Projektstrukturen mit festen Ansprechpartnern. Das formelle Verfahren sollte sinnvoll mit zusätzlichen informellen Dialogangeboten verzahnt werden. Die Kommune sollte den Dialog daher schon während der Voruntersuchungen initiieren. Problemstellungen können so früh erkannt und bearbeitet werden, bevor der Flächennutzungsplan rechtskräftig beschlossen wird. Das formelle Verfahren gilt es mit aktiver Kommunikation zu begleiten. Ähnliches ist auch den projektierenden Unternehmen zu empfehlen: Sie sollten die Öffentlichkeit möglichst schon vor dem Stellen des Genehmigungsantrags über ihre Pläne informieren. So können Bedenken und Hinweise eingeholt und Konflikte bearbeitet werden, bevor das formelle Verfahren beginnt.
Was sind Herausforderungen für die Bürgerbeteiligung bei Windenergieplanungen? Wie können Kommunen und Projektierer mit diesen umgehen?
Echte Beteiligung bei Windenergievorhaben ist nur sehr eingeschränkt möglich. Die Flächenplanung und die Genehmigungspraxis für die Windenergienutzung sind rechtlich streng geregelt. Im Sinne der Transparenz ist es daher sehr wichtig, die Entscheidungsspielräume von Anfang an klar zu benennen. Dazu ist es hilfreich, zunächst die Gesetzeslage allgemein verständlich zu erläutern. Zudem sollte in der Kommunikation nach außen in vielen Fällen eher von „Dialog“ als von „Beteiligung“ gesprochen werden, damit keine zu hohen Erwartungen entstehen. Manche Kommunen und Unternehmen haben die Sorge, mit frühzeitiger Kommunikation „schlafende Hunde“ zu wecken. Die Praxis zeigt jedoch, dass die Konflikte in den meisten Fällen dann zu einem späteren Zeitpunkt umso schärfer auftreten. Ich rate Kommunen und Projektierern, sich genau anzuschauen, welcher Handlungsspielraum besteht, und damit frühzeitig und offen in den Dialog mit den Menschen vor Ort zu treten. Es sollte nicht vergessen werden, dass die Einwohner der Gemeinde meist über ein sehr gutes lokales Wissen verfügen. Die Planungen können davon profitieren, wenn dieses Wissen zu einem Zeitpunkt erfragt wird, wenn es noch in die Planungen aufgenommen werden kann.
Für mehr Hinweise dazu, wie Kommunen und Projektierer einen Dialog mit den Menschen vor Ort initiieren und die informellen Angebote mit dem formellen Verfahren verzahnen können, empfehle ich unsere neue Broschüre „Windenergieplanungen im Dialog – Bürgerinformation und -beteiligung als Teil des Projektmanagements“.
In der Rubrik "Drei Fragen an..." äußern sich Expertinnen und Experten der EnergieAgentur.NRW zu aktuellen Fragestellungen, Good-Practice-Themen oder wissenschaftlichen Innovationen.
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