Foto: EnergieAgentur.NRW, Frank Wiedemeier
Was versteht man unter dem Begriff „Passivhaus“?
Das Prinzip des Passivhauses wurde bereits in den 1980er-Jahren aus den Erfahrungen mit hochwärmegedämmten Gebäuden unter anderem vom späteren Leiter des Passivhaus Instituts, Professor Dr. Wolfgang Feist, entwickelt. Es beruht darauf, die Wärmeverluste eines Gebäudes so weit zu reduzieren, dass eine Erwärmung der Luft, die dem Gebäude zugeführt wird, um die notwendige hygienische Luftqualität entsprechend der DIN 1946 zu erreichen, ausreicht, um das gesamte Gebäude zu beheizen. Daraus ergibt sich ein maximaler Heizwärmebedarf von 15 kWh/m²a. Dazu sind Wärmedämmungen von üblicherweise 25 bis 35 cm und der Einsatz von Dreifachverglasungen erforderlich. Hinzu kommen eine hohe Luftdichtigkeit und geringe Wärmebrücken am Gebäude. Dadurch wird der Energiebedarf soweit gesenkt, dass das Gebäude mit einem zentralen Lüftungsgerät mit Wärmerückgewinnung und kleiner Nachheizung beheizt werden kann. Eine separate Heizungsanlage ist dann nicht mehr erforderlich.
Seit den 1990er-Jahren werden Passivhäuser gebaut. Zu Beginn wurden ausschließlich Wohngebäude errichtet; doch mit der wachsenden Erfahrung und der technischen Weiterentwicklung von Bau- und Haustechnik werden heute auch Büros, Schulen, Schwimm- und Sporthallen bis hin zu Fabriken und Krankenhäuser im Passivhausstandard gebaut. Selbst in der Sanierung ist der Effizienzstandard des Passivhauses zu erreichen. Das Bauen von Passivhäusern ist in Nordrhein-Westfalen auch noch besonders wirtschaftlich, da neben der Förderung über die KfW im Programm progres.nrw zusätzlich gefördert wird. Wenn wir den Klimaschutz ernst nehmen, müssen wir versuchen, den gesetzlichen Standard zu unterschreiten. Die Vielzahl der gebauten Passivhäuser zeigt, dass das möglich ist.
Der Passivhausstandard ist also nicht nur ein Neubaustandard, sondern er kann auch in der Sanierung erreicht werden?
Das ist richtig. Auf der Internationalen Passivhaustagung in diesem Jahr leite ich am 8. Oktober 2020 einen Workshop zu diesem Thema. Dort werden besondere Projekte vorgestellt, die auf Passivhausstandard saniert wurden. Es handelt sich dabei allerdings um Leuchtturmprojekte, die schon sehr aufwendig sind. Spannend für uns ist an der Stelle aber die Frage, welche Elemente oder Komponenten aus der Passivhaussanierung auch in einer Standardsanierung eingesetzt werden können. Hocheffiziente Wärmedämmungen und dreifach verglaste Fenster sind bei Sanierungen in der Regel möglich. Die Luftdichtheit in einem alten Gebäude herzustellen oder die Wärmebrücken zu reduzieren, sind dagegen oft nur mit hohem Aufwand und mit hohen Zusatzkosten umsetzbar. Hier können vorgefertigte Fassadenelemente, wie sie zum Beispiel in Energiesprongprojekten verwendet werden, hilfreich sein. Der Einsatz von Passivhauskomponenten dagegen lässt sich auch in der Sanierung wirtschaftlich darstellen.
Der Passivhausstandard ist klimaschonend und ökonomisch vorteilhaft. Sind denn alle Architekten und Planer in der Lage, diesen Standard umzusetzen?
Sie sollten es sein. Bereits heute werden etwa 20 Prozent der von der KfW geförderten Neubauten im Passivhausstandard errichtet. Die Nachfrage durch die Bauherren ist also definitiv vorhanden. Aber nicht jeder Planer oder Architekt hat bereits einen Passivhausplanerkurs besucht. An einigen Universitäten, wie etwa in Innsbruck und Rosenheim, ist die Passivhausplanung bereits Teil der Ausbildung. Aber leider nicht überall, sodass wir bereits im Mai dieses Jahres gemeinsam mit dem Passivhaus Institut eine Passivhaus-Schulung für die NRW-Teams des Solar Decathlon Europe 21 durchgeführt haben.
Das große Interesse der Studierenden hat uns auf die Idee gebracht, auch für Architekten, Fachplaner, Handwerker und die Wohnungswirtschaft eine Grundlagenschulung zu Passivhäusern anzubieten. Damit möchten wir den Anreiz setzen, sich intensiver mit der Thematik „Passivhaus“ zu beschäftigen. Im Vorfeld der Internationalen Passivhaustagung findet die Veranstaltung am 8. September 2020 online statt. Teilnehmerinnen und Teilnehmer können ihr Grundlagenwissen dann bei der großen Tagung im September vertiefen.
Online-Schulung Grundlagen Passivhaus
Termin: 8.9.2020
Leiter Themengebiet Wärme, Gebäude
EnergieAgentur.NRW
0202 2455263
mobers@energieagentur.nrw
Sie erreichen die EnergieAgentur.NRW außerdem werktags von 8 bis 18 Uhr über die Hotline unter 0211 - 8371930.